Wie ist der erhabene Koran zu verstehen?
Bevor ich zur Erörterung des erhabenen Korans, welcher die größte Erinnerung (Zikir) darstellt, komme, möchte ich ohne ins Detail zu gehen, erst einmal in Grundzügen erklären, wie der erhabene Koran zu verstehen ist.
Denn er wurde uns mit folgenden Worten übermittelt... „damit ihr ihn verstehen könnt”
Alle Geschöpfe können durch Abrichtung und Auswendiglernen etwas tun. Allerdings ist nur dem Menschen als ein Wesen, das im Besitz von Verständnis und Denkvermögen ist, aufgrund dieser Eigenschaften die Würde zuteil geworden „der Statthalter Allahs auf Erden” zu sein. Denjenigen, denen diese Tatsache bewusst ist und die dementsprechend leben, hat man den Namen „ehrenvolle Muslime” gegeben. Natürlich erhalten auch diejenigen, welche durch Nachahmung etwas tun, im Maße ihrer „Nähe” (Yakîn[1]) ihren Anteil daran.
Um den erhabenen Koran zu verstehen, muss man zuerst „rein” oder „geläutert” sein, denn es heißt: „Die Unreinen sollen den Koran nicht anrühren!” Diesen Koranvers verstehen wir leider falsch, wir waschen uns mit Wasser, nehmen die rituelle Reinigung vor und glauben, dass wir gereinigt sind! ... Schauen Sie, wie der Koran „nadjis”, den Zustand der Unreinheit, also das Gegenteil von „Tahir” (rein) beschreibt:
„Wahrlich die Muschriks (diejenigen, die Schirk ausleben) sind unrein (nadjis).” (9:28)
Diese Unreinheit ist die Folge von bestimmten Gedanken, was Schirk genannt wird.
Diese beiden Verse sagen zusammengefasst Folgendes aus:
„Diejenigen, die Gedanken von unbewussten und bewussten Assoziationen- mit demjenigen, der Allah genannt wird- pflegen, sollen ohne eine Läuterung von diesen unreinen Gedanken den Koran nicht berühren; denn aufgrund ihrer Gedanken können sie die Einheit (seine Einheit der Taten, Einheit der Dimensionen, Einheit der Namen und SEINE PERSÖNLICHE EINHEIT) Allahs, welche in diesem erhabenen Buch erläutert wird, nicht verstehen...
Es ist natürlich nicht leicht für die Menschen, welche sich aus dem Blickwinkel ihrer „Eigenständigkeit” heraus einen Gott im Himmel vorstellen, den Koran zu verstehen, der in einer klaren und deutlichen Weise die Einheit (Wahdâniyat), Einzigartigkeit (Ahadiyat) und das end- und grenzenlose Einssein Allahs betont und bestrebt ist, den Blickwinkel von der Einheit zur Vielfältigkeit zu vermitteln.
Aus diesem Grunde heraus sind wir genötigt, uns erst von dem Schmutz, der „Schirk” genannten Assoziation zu reinigen, wenn wir den erhabenen Koran verstehen wollen...
Welche Gedanken liegen diesem „Schirk” zugrunde?
Die Annahme eines Gottes oder die Vermutung, dass es eine Gottheit gibt, bilden das Fundament des „Schirk“! ...
Die Vorstellung eines Gottes, außerhalb von Dir, irgendwo da oben im Jenseits, der Dich von ferne hört, sich mal in Deine Angelegenheiten mischt und sich dann wieder raus hält, der Dein Tun beobachtet und Dich entsprechend kennt, der über Dich richtet, der Dich in die Hölle wirft, wenn Du ihn erzürnst oder Dich mit dem Paradies belohnt, wenn Du es geschickt anstellst, der bald zornig und dann wieder wie ein Großvater gütig und liebenswert ist! Eben das alles ist mit „Schirk” gemeint! .... Und damit verbunden bilden natürlich Begriffe wie die Göttlichkeit und die Anbetung eines Gottes die Details des „Schirk”.
Das System und die Auffassung des Islams, welches den Menschen von der „Schirk” genannten Assoziation mit Allah errettet, wurde vom Rasul Allahs, Mohammed Mustafa, Friede sei mit ihm, folgendermaßen beschrieben und formuliert:
„Es gibt keinen Gott, einzig Allah existiert”
Das bedeutet kurz gefasst:
Es gibt mit Bestimmtheit weder den Begriff einer Gottheit noch einen Gott, so wie ihr euch das denkt, einzig Allah existiert und das von HU geschaffene System ist vorhanden...
„Das wertvollste „Zikir” ist „Lâ ilâha illallâh”, es gibt keinen Gott einzig Allah existiert”
„Wer „Lâ ilâha illallâh” sagt, wird ins Paradies eingehen, selbst wenn er stiehlt oder Ehebruch begeht”
Diese und ähnliche Überlieferungen aus den Büchern des Hadith[2] weisen auf die Wichtigkeit und Erhabenheit des Kalima-i Tawhid, dem Bekenntnis zur Einheit Allahs hin. Das bedeutet, wenn ein Mensch Vergehen begeht und von derartigen Handlungen ablässt, nachdem er die Bedeutung der Bekenntnis zur Einheit Allahs begriffen hat und von dem Fehlverhalten, welches aus der illusionistischen Vorstellung eines Gottes resultiert, Abstand nimmt, sich Allah zuwendet und dementsprechend lebt, wird ihm das Paradies zuteil werden...
Diejenigen, welche noch ausführliche Erläuterungen zu diesem Thema wünschen, können diese in dem Buch „Allah, wie ihn Hazreti Mohammed erläutert” finden.
Ja wie beginnt nun der Mensch das Paradies zu leben?
Es wurde gesagt... „Diese werden den Odem des Paradieses schon hier auf Erden spüren”... was bedeutet das?
Wenn der Mensch damit beginnt, sich von dem „Schirk”, der Annahme eines Gottes im Jenseits, außerhalb von ihm, zu reinigen, entdeckt er den Begriff des end- und grenzenlosen Allahs und beginnt langsam ihn zu verstehen, zu fühlen und zu leben.
Er begreift, dass Allah der End- und Grenzenlose in jedem Teilchen mit seinem ganzen Sein vorhanden ist und dass folglich „HU” in höchster Vollkommenheit in seinem eigenen Sein, seinem innersten Wesen, in jeder Zelle seines Wesens vorhanden ist! Der, den er jahrelang im Jenseits vermutete, hat sich ihm aus seinem innersten Wesen, dem eigenen „Ich” heraus offenbart!
Aus seinem Mund werden die Worte sprudeln: „Ich suchte in der Fremde, dabei war der Geliebte in meinem Herzen!” ...Dann wird er schauen und feststellen, dass HU sich in jedem Teilchen zeigt!
„Wohin Du dich auch wendest, Du wirst immer Allahs Antlitz sehen”
Er wird das Geheimnis dieses Koranverses ergründen und überall, in allen Dingen beginnen HU zu lieben... Er wird niemanden tadeln, mit niemandem böse sein, wird zu niemandem ungerecht sein, über niemanden Schlechtes sagen, niemand zu etwas zwingen und wird seine Zeit nicht mit vergänglichen Werten vergeuden, sondern für bleibende Verdienste einsetzen; er wird mit seinem Tun, seiner Sprache und seinem Verstand ständig des Geliebten gedenken. Wenn es ihm auch vorher sehr schwer gefallen ist, den Islam zu leben, so fällt es ihm jetzt einfach und leicht!
Über das mündliche Wiederholen des Glaubensbekenntnisses, dem „Kalima-i Schahadat” hinaus hat dieser Mensch damit begonnen in diesem Zustand zu leben...
Das Pflichtgebet zu fünf Zeiten! Was macht es Dir schon aus, nachdem Du schon mal am Morgen aufgestanden bist, Gesicht, Hände und Füße zu waschen, schon ist die rituelle Waschung durchgeführt und dann noch zwei Minuten für die zwei Rakat[3] des Morgengebets!
Und mittags, findest Du nicht die Gelegenheit vier Minuten zu erübrigen? Das Pflichtgebet besteht mittags aus vier Rakat. In dem ganzen materiellen Stress vier Minuten abschalten und in die Vorstellung der Unendlichkeit eintauchen, mit den vier Rakatdes Mittagsgebets.
Und am Nachmittag, lassen sich doch sicherlich auch vier Minuten für die vier Rakat des Pflichtgebets finden. Für das Fenster, dass sich zu Deiner wahren Dimension, der Unendlichkeit, öffnet!
Du bist am Abend nach Hause gekommen, um Dich von den ganzen weltlichen Sorgen des Tages zu befreien. Wasche Gesicht und Hände, führe die rituelle Reinigung aus und dann für drei Minuten, drei Rakat Hinwendung zu der Unendlichkeit in Deinem Inneren, dieser endlosen Ruhe!
[1] YAKÎN =ist durch Erfahrung zu wissen, ohne jeden Zweifel, das Erkennen der Wirklichkeit oder Realität eines Zustandes und ein dementsprechendes Leben.
[2] Hadith: Überlieferte Berichte über Taten oder Aussprüche des Rasul Allahs Hz.Mohammed sas., die in den Hadith Büchern gesammelt sind, welche durch eine lückenlose Kette von Überlieferern gesichert sind.
[3] RAKAT= eine bestimmte Abfolge von Körperbewegungen während des Gebets bestehend aus 1x aufrecht Stehen, 1xVerneigung, 2x Niederwerfung.